Jahresperformance im Vergleich: ESG-Fonds halten sich wacker – aber mit Bremsspuren
In der Schweiz zum Vertrieb zugelassene Anlagefonds und ETFs mit nachhaltiger Ausrichtung haben gemäss aktueller Analyse das Börsenjahr 2022 relativ glimpflich überstanden. Der Abstand zwischen Nicht-ESG und ESG-Anlagen ist in vergangenen 12 Monaten primär sektorgetrieben. Performance-Divergenzen von ESG-Fonds innerhalb der Assetklassen sind allerdings ähnlich gross wie bei Nicht-ESG-Anlagen.
Das mitunter turbulente Börsenjahr 2022 hat auch seine Spuren in der Wertentwicklung diverser ESG-Fonds hinterlassen. Zwar konnten gemäss Research-Analyse des Schweizer ESG-Portals Global Green Xchange AG (GGX), die der Nachhaltigkeit verschriebenen Fondsvehikel keine Wunder gegenüber den konventionellen Anlagefonds erzeugen, jedoch war der relative Renditeabstand im Durchschnitt überwiegend vertretbar.
Insbesondere die Sektor-Performance von nicht ESG-Kriterien folgenden Aktienfonds, namentlich Energie (Upstream, Mid-Stream, Downstream), verhalf dem Segment der Artikel 6 Fonds für das Jahr 2022 zu relativ guter Wertentwicklung gegenüber ESG-Fonds in Form von light green bzw. dark green Angeboten. Absolut betrachtet, bescherten Artikel 6 Sektorfonds die attraktivsten Returns im Jahr 2022. Das auch in der Schweiz zum Vertrieb zugelassene Flaggschiff SPDR S&P U.S. Energy Select Sector UCITS ETF erzielte nach Kosten eine Nettoperformance von 63,89% und zählt damit zu den Highflyern im konventionellen Fonds-Segment. Die schwächste Performance erzielten Artikel 6 Fonds mit Techausrichtung.
Bei den ESG-Anlagefonds mit besonders strenger Ausrichtung («Artikel 9») sorgte der Ausschluss von fossilen Energie-Unternehmen in der Portfoliokonstruktion im abgelaufenen Jahr für nachteilige Einflüsse auf die Wertentwicklung. So lagen 98% der explizit Nachhaltigkeits-Kriterien als Anlagepolitik folgenden Fonds, per 31.12.2022 performancemässig im Minus. Sehr grosse unterscheide bei der Jahresperformance zeigten sich im Segment der Green Bond Fonds, welche ebenfalls nach Artikel 9 klassifiziert, vertrieben werden. Dort reichte die Spanne von -9% bis -23%.
Aus Renditesicht deutlich attraktiver, weil breiter gefasst, präsentiert sich in der Jahresbilanz 2022 das Segment der Artikel 8 Anlagefonds und ETFs. Diese («light green») Vehikel berücksichtigen ESG-Kriterien, investieren aber nicht ausschliesslich in nachhaltige Zielunternehmen. Das hatte auch im Jahr 2022 den Effekt, dass immerhin auf die gesamten 12 Monate in CHF gerechnet rund zwei Duzend Fonds von 1’985 mit positivem Ergebnis glänzten. Ganz ähnlich wie bei konventionellen Anlagefonds bzw. ETF («Artikel 6»), waren die Performance-Divergenzen bei ESG-Fonds nach Artikel 8 ähnlich gross. Sie reichten beispielsweise im Segment ESG Tech-Sektor Fonds von -15% bis -29%.
«Der Sektoreffekt Energie hat im Börsenjahr 2022 die ESG-Fonds renditemässig deutlich überschattet und zwei Weckrufe gesetzt: Nachhaltigkeit kostet in gewissen Marktphasen Rendite aber gleicht sich über die Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Des Weiteren sollte der Portfolio-Kontext berücksichtigt werden, heisst auch energieintensive Problem-Branchen, die ihre Climate Transition konsequent umsetzen, nicht per se in der Gesamtallokation von Vermögen zu verteufeln» stellt Martin Raab, Verwaltungsrat und Head ESG Research bei der GGX klar.
Über den Author
Martin Raab ist langjähriger Investment Professional, Buchautor und Mitglied des Verwaltungsrats der Global Green Xchange. Er steuert den Bereich ESG Ratings & ESG Data. Als Co-CEO eines Family Office analysiert und berichtet er regelmässig zu diversen Themen rund um Kapitalanlagen, Marktstrategie und Nachhaltigkeit.