Mit MyFeld kannst du dein eigener Biobauer sein
Mit Myfeld.ch können Bio-Fans auch ohne eigenen Garten oder Balkon Gemüse anpflanzen lassen. Eine clevere und sinnvolle Idee – aber nicht ganz ohne Tücken.
Gemüse frisch vom Feld, ohne Pestizide, regional angebaut – genau das wollen viele in diesen Tagen. Denn dass Nahrung aus dem Gewächshaus weder besonders nachhaltig noch gesund ist, ist kein Geheimnis. Der Trend zum Gärtnern hat nicht zuletzt in der Pandemie einen Schub erlebt; sogar in den Städten ist «Urban Gardening» das Ding der Stunde.
Tatsächlich aber hat nicht jeder und jede einen eigenen Garten. Schon gar nicht in der Stadt. Schrebergärten wiederum sind heiss begehrt, die eigene Terrasse hat ihre Limits. Deshalb passt die Idee von MyFeld perfekt in die heutige Zeit: Für rund 600 Franken im Jahr kann man sich virtuell ein Stück auf einem Biobauer-Feld reservieren und das Lieblingsgemüse auswählen, das die Anbieter für ihre Kundschaft ansäen, pflegen und schliesslich ernten.
Smarte Idee trifft Zeitgeist
Ursprünglich stammt das Konzept aus Österreich, wo es Mit-Initiant Raphael Schär entdeckte und «einschweizerte». Nach einigen Hürden zu Beginn stand das Start-Up MyFeld.ch, welches zwei höchst unterschiedliche Welten zu vereinen versucht: die digitale E-Commerce-Schiene und die klassische Landwirtschaft mit all ihren Herausforderungen. Doch das Konzept funktioniert; bereits in der ersten Saison wollten über tausend Personen ein Stück Biobauer-Feld durch das Schweizer Start-Up bewirtschaften lassen.
Das Konzept von Myfeld.ch ist simpel: Per Online-Konfigurator können Kundinnen und Kunden ein 16 Quadratmeter grosses Feld bepflanzen. Zur Auswahl stehen 30 Gemüsesorten. Sind die Produkte angebaut, übernehmen zwei Bauern zusammen mit den MyFeld-Initianten die Betreuung. So können sich die Online-Biobauer gemütlich zurücklehnen und zuschauen, wie ihre Setzlinge wachsen. Ist das Gemüse erntereif, wird es per Box nach Hause geliefert. Zwischen 15 und 18 Boxen sollen pro Jahr bei der Kundschaft eintreffen. Auch für die Bauern lohnt sich die Zusammenarbeit, weil es für sie keinen Zwischenhandel gibt. Sie verdienen so besser, als wenn sie Grossisten beliefern würden.
Die Tücken der Natur
Auf dem Papier klingt MyFeld.ch also nach Win-win für alle Beteiligten. Allerdings ist die Idee nicht ganz ohne Tücken. Denn die Natur ist kein Online-Tool, welches man nach seinem Gusto programmieren kann. Diese Erfahrungen machten MyFeld-Kunden im letzten Jahr. Wegen des miserablen Sommers mit viel Regen und kalten Temperaturen wuchs das Gemüse nicht wie gewünscht, die Boxen blieben aus oder entsprachen nicht dem, was im Vorfeld versprochen wurde. Entsprechend gross war die Enttäuschung, einige Kunden machten ihrem Ärger über die Medien Luft. Letztlich jedoch erging es ihnen aber bloss wie vielen anderen Hobby-Bauern, denen im Sommer 2021 die Tomaten oder Gurken verfaulten.
Beim Start-Up hat man die Lektion dennoch gelernt. Künftig will man sich besser gegen witterungsbedingte Widrigkeiten absichern. Etwa, indem man die Felder teilweise in Anbautunnels überdeckt und Ersatzfelder reserviert. Zudem erhielten alle Kundinnen und Kunden einen Gutschein für eine zusätzliche Saison. Neu ist das Gemüsejahr bei MyFeld zudem in eine Winter- und Sommersaison aufgeteilt. Einen Flop wie 2021 müssen Kundinnen und Kunden dieses Jahr jedenfalls nicht fürchten, wie uns die Initianten versichern: Dank des warmen Wetters gedeihe das Gemüse derzeit «wunderbar».
Über den Author
Lukas Rüttimann ist Journalist, Copywriter und Storyteller. Er hat für zahlreiche Schweizer Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet, in unterschiedlichen Funktionen vom Reporter bis zum Chefredaktor. Als Freelancer deckt er ein breites Spektrum ab, wobei ihm nachhaltige, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Themen besonders am Herzen liegen. Lukas Rüttimann hat u.a. in den USA gelebt, wohnt und arbeitet heute aber von Zürich aus.