Warum Ozeane mehr CO2 aufnehmen als Wälder
Ozeane spielen eine grosse Rolle bei der Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre. Als CO2-Senker sind sie sogar wichtiger als angenommen. Das sind nicht nur gute Nachrichten.
CO2-Aufnahme? Da denken viele an Wälder. Doch auch Ozeane sind für die Aufnahme von Emissionen aus der Atmosphäre entscheidend. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa ein Viertel aller CO2-Emissionen, die der Mensch jedes Jahr verursacht, von den Weltmeere absorbiert wird. Nun zeigen Studien, dass dieser Anteil sogar noch grösser sein dürfte.
Tatsächlich verbleiben vom CO2, das in die Atmosphäre gelangt, etwa 50 Prozent in der Atmosphäre. Ein Viertel wird von Landpflanzen und Bäumen absorbiert, die anderen 25 Prozent werden in bestimmten Bereichen des Ozeans aufgenommen. In anderen Bereichen des Ozeans, in denen die CO2-Konzentration im Wasser höher ist als in der darüber liegenden Atmosphäre, wird CO2 hingegen an die Atmosphäre abgegeben.
Trendumkehr durch den Menschen
Dieser Transfer von CO2 aus dem Ozean in die Atmosphäre wird als positiver Flux bezeichnet. Ein negativer Flux bedeutet, dass der Ozean das CO2 absorbiert. Ozeane weisen ein kompliziertes Muster von positiven und negativen Flux auf. Vor der industriellen Revolution war der globale Netto-Flux durch Ozeane leicht positiv. Heute hat der Mensch den Trend umgekehrt, so dass die Ozeane inzwischen mehr CO2 aufnehmen als sie abgeben.
Neue Studien zeigen nun, dass die Kohlenstoffsenke der Ozeane grösser sein könnte als bisher angenommen. Denn die Oberfläche der Meere sind deutlich kühler als das Wasser in einigen Metern Tiefe. Das führt zu einer wesentlich grösseren Aufnahme.
Von Region zu Region verschieden
Der Ozean nimmt CO2 auf, weil sich mit zunehmender Konzentration in der Atmosphäre mehr davon im Oberflächenwasser löst. Dieses Wasser kann sich vermischen oder in die Tiefsee sinken, wo das absorbierte CO2 für über Jahrzehnte eingeschlossen bleiben kann, während es sich langsam durch die Tiefen des Ozeans und zurück in die Atmosphäre bewegt.
Regionen mit Auftrieb – etwa der äquatoriale Pazifik und die Westküste Südamerikas – sind natürliche CO2-Quellen, in denen altes Wasser mit hohen CO2-Konzentrationen an die Oberfläche gebracht und das überschüssige CO2 in die Atmosphäre entgast wird.
Kältere Regionen sind dagegen in der Lage, mehr CO2 zu absorbieren, so dass die Polarregionen eher als CO2-Senken dienen. Da das CO2 in der Atmosphäre durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe zunimmt, nehmen immer mehr Meeresregionen CO2 auf, so dass die Quellen- und Senkregionen der Weltmeere nicht mehr im Gleichgewicht sind. Es wird erwartet, dass bis 2100 ein grosser Teil des Weltozeans eine Senke für CO2 sein wird.
Versauerung als Preis
Das klingt zunächst nach einer guten Nachricht für unser Klima. Doch die Fähigkeit des Ozeans, Kohlenstoff zu binden und zu speichern, hat zwar dazu beigetragen, die die globale Erwärmung zu verlangsamen. Doch das hat seinen Preis. Denn der Anstieg des CO2 im Ozean verändert die Chemie des Meerwassers, der pH-Wert nimmt ab.
Das ist ein Effekt, der als Versauerung der Ozeane bekannt ist und sich negativ auf das Leben im Meer auswirkt. Sich in Sachen Umweltschutz auf die Eigenschaften der Ozeane als CO2-Ausgleicher zu verlassen, ist also gefährlich. Wenn jede und jeder einzelne versucht, seinen CO2-Fussabdruck zu reduzieren, ist das sicher die bessere Idee.
Über den Author
Lukas Rüttimann ist Journalist, Copywriter und Storyteller. Er hat für zahlreiche Schweizer Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet, in unterschiedlichen Funktionen vom Reporter bis zum Chefredaktor. Als Freelancer deckt er ein breites Spektrum ab, wobei ihm nachhaltige, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Themen besonders am Herzen liegen. Lukas Rüttimann hat u.a. in den USA gelebt, wohnt und arbeitet heute aber von Zürich aus.