Event-Summary: "The Future of ESG"
Viele Einblicke und lebendige Diskussionen mit Fachexperten erlebten die Teilnehmer/innen der Jahresauftaktveranstaltung 2024 des Sustainable Investors‘ Circle am 19. März in München.
Nachhaltigkeit im Portfolio-Kontext – im Fachjaron als „Responsible Investing“ und übergreifend als „ESG-Investments“ bekannt – ist ein sehr dynamisches Thema. Auch aus der Unternehmensperspektive ist „ESG“ für alle Abteilungen und die C-Suite hoch relevant geworden. So haben sich eine Vielzahl an Neuerungen in den letzten Monaten insbesondere bei Reporting, Daten und auch der übergreifenden Regulierung ergeben. Parallel führt die inzwischen hohe Komplexität rasch zu Verwirrung, Vorurteilen und Stolpersteinen.
Noch spannender ist die Frage: Welche Trends zeichnen sich rund um ESG und Responsible Investing ab, wohin bewegt sich die Finanzindustrie, was geschieht im Bereich Reporting, Regulierung und Rechtsprechung.
Viele aktuelle Einblicke in ausgewählte Themen und lebendige Diskussionen mit Fachexperten erlebten die Teilnehmer/innen der Jahresauftaktveranstaltung 2024 des Sustainable Investors‘ Circle am 19. März in München. Der Eventbereich des Gastgebers ReedSmith in zentraler Lage am Odeonsplatz bot ein hervorragendes Forum hierfür.
KEY TAKE-AWAYS:
Future of Climate Risks and Investments. A reinsurance perspective.
— Keynote-Speech: Tobias Grimm (Head Climate Advisory & NatCat Data, Munich Re Group/München)
• Schäden bei den Segmenten Sturm, Waldbrand und Flut stark steigend als Folge der nachweislich erhöhten Temperaturen der Luft und des Wassers
• 2023 war das mit Abstand wärmste Jahr seit den Aufzeichnungen 1940, das Jahr 2024 verspricht diesen Trend fortzusetzen – mit bereits jetzt sehr bedenklichen Folgen in diesem Jahrzehnt.
• Das „New Normal“ bei klimabedingten Versicherungsschäden liegt inzwischen bei USD 100 Mrd.
• Der Anstieg der Versicherungsschäden ist u.a dadurch getrieben dass die Bebauungsdichte in Industriestaaten in den letzten 20 Jahren deutlich zugenommen hat.
• Wesentliche Erfolgselemente für Unternehmen werden zunehmend das Monitoring und Messung von physischen Klimarisiken.
• MunichRe Group ist über ihre konventionellen Geschäftsbereiche in der globalen Community engagiert, um eine proaktive Vermeidung von physischen (Klima-)Schäden zu unterstützen.
• Versicherungsprämien weiterhin global steigend
• Bei Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ist derzeit eines der Top-Themen die künftige Prämiengestaltung und damit der dynamische Grenznutzen für Versicherungsnehmer, bis wann sich die Versicherung von Schäden noch lohnt – und ab wann die Prämie nicht mehr bezahlbar ist.
The Future of ESG Ratings
— Fachvortrag: Martin Raab (Verwaltungsrat, Chairman Ratings Committee, GGX AG/Schweiz)
• Nachhaltigkeit und ESG sind zunehmend stark mit politischen Ideologien verbundene Themen geworden, auch innerhalb der Finanzindustrie entpuppen sich in den letzten Monaten „Pseudo“-Anbieter von fundamental durchdachten, innovativen Modellen und Ansätzen
• Anti-Woke und Anti-Climate Chance Bewegungen sind insbesondere in den USA klar wahrnehmbar, in Folge von stark übertriebener Nachhaltigkeitsdefinition.
• Die qualitative Bewertung der Frage „Wie nachhaltig ist ein Unternehmen?“ ist sehr individuell – Praxis-Beispiel Starbucks Corporation. 100 Tonnen Plastik durch Verzicht auf Plastikstrohhalme eingespart aber dennoch nach wie vor PE-Deckel und 1 Million gefällte Bäume pro Jahr für Papierbecher.
• Trend geht klar zu transparenten, nachvollziehbaren Rating-Modellen. „Reported“ Zahlen von Unternehmen sind im Zweifel besser als reine Annahmen („Estimated“) und interpolierte Phantasiezahlen bei der Bewertung von ESG-Parametern von Unternehmen.
• GGX als Pionier der weltweit ersten quantitativen ESG-Ratings, welche die Gewichtungen und Datenpunkte offenlegt, setzt die Expansion fort und deckt in Kürze die doppelte Menge an ESG-Ratings global an: rund 2000 Unternehmen (u.a. aus dem Index-Universum von Stoxx 600, S&P 500, Nasdaq 100, Dow Jones Industrial Average Index sowie Straight Times Index, Nikkei und Hang Seng).
• Konkretes Beispiel für die renditestarke Kombination von Ökologie und Ökonomie ist der mit Solactive gemeinsam betriebene GGX Sustainable Dynamic Leaders Europe Index, welcher für Leonteq Securities als pfandbesichertes Finanzprodukt (ETP+) unter dem Börsenticker ESGEU an der Swiss Exchange gelistet ist.
• Das modulare Rating-Modell der GGX kann ab sofort auch von Vermögensverwaltern und Portfolio-Managern als White Label ESG-Modell und ESG-Scoring Modell kosteneffizient eingesetzt werden mit einer Abdeckung von bis zu 5000 Unternehmen weltweit.
The Future of Indexing: Net Zero Sector Pathways
— Fachvortrag: Sebastian von Reinersdorff (Head ESG Solutions, Solactive AG/Frankfurt)
• Bei investierbaren Indizes dominieren in der EU bisher Paris-aligned benchmarks (PAB) und Climate Transition Benchmarks (CTB). Diese unterliegen allerdings diversen Herausforderungen, welche inzwischen nicht immer den Anforderungen von ESG-Investoren entsprechen.
• Die von Solactive entwickelten, neuartigen Index-Benchmarks basieren auf dem Model der University of Technology Sydney und werden von der Net Zero Asset Owner Alliance verwendet.
• Am Beispiel des Immobiliensektors ist klar erkennbar, dass ohne Renditeabschläge eine Investition in die Unternehmen möglich ist, die den Klimapfad erfolgreich erreichen werden – durch Einsatz der Solactive Sector Pathways Indizes.
• Ferner können auch bestehende Net Zero Indizes mit Hilfe des Sector Pathway Konzepts von Solactive optimiert werden.
• Solactive als führender unabhängiger Anbieter in der Kreation und dem Design von massgeschneiderten Indizes wird auch den Bereich ESG und Nachhaltigkeitsindizes weiter ausbauen.
The Future of ESG Litigation
— Fachvortrag: Oliver Rathje (Partner, ReedSmith LLP) und Caroline Grosch (Head Business Development, ReedSmith LLP/München)
• Wesentliche Trends im Bereich ESG sind insbesondere im Finanzsektor eine zunehmende „Branchenteilung“ in strikte ESG-Befürworter und ESG-Abstinenten; letztgenannte sind durch politische Aktionen zu Kehrtwenden motiviert worden (z.B. bestimmte US-Bundesstaaten schliessen ESG-orientierte Asset Manager von Mandaten aus)
• Deutliche Zunahme von Informationsbedarf und Wissensdurst in Sachen Rohdaten-Erhebung und Datenquellen seitens der Nutzer von ESG-Informationen.
• Verifizierung von ESG-relevanten Aussagen und Daten ist wichtiger denn je, um keine „hausgemachten“ ESG-Compliance-Risiken zu erzeugen.
• Aus juristischer Sicht ist der Anstieg der Settlement-Summen, welche bei Vergleichen mit Finanzmarkt-Regulatoren (insbesondere SEC) geschlossen werden, festzustellen.
• Verbände/NGOs tauchen ebenfalls als feste Grösse bei Klagen mit ESG-Hintergrund auf und werden auch in Zukunft Bestandteil der (Neben)klage bleiben
• Grosses Aufsehen hat die Klage eines peruanischen Bauern gegen einen deutschen Energiekonzern (anhängig beim OLG Hamm) ausgelöst, welche bereits seit dem Jahr 2015 existiert. Der durch Energiekonzerne mitverursachte Klimawandel soll nach Ansicht des Klägers anteilig in Form von Geldleistung (rund EUR 20‘000) entschädigt werden. Das Potenzial für eine Klagewelle ist hoch, die Entscheidungsfindung bleibt spannend.
• Bisher ohne merkliche Initiativen ist der Bereich „Wettbewerbsklagen“ rund um ESG. Sprich die Klage eines Mitbewerbers gegen Greenwashing oder Greenwording betreibende Konkurrenten. Dies könnte sich aber in nächster Zeit noch ändern.
• Insgesamt sollten sich Unternehmen aller Sektoren eine klare Strategie im Umgang mit ESG-Klagerisiken in der Gegenwart zurechtlegen. Ebenfalls empfehlenswert ist eine Ist-Aufnahme von möglichen ESG-Klagerisiken vorzunehmen.
Fortlaufende Informationen und Veranstaltungshinweise des Sustainable Investors‘ Circle erhalten Sie in der LinkedIn Unternehmensseite der GGX.
Über den Author
Martin Raab ist langjähriger Investment Professional, Buchautor und Mitglied des Verwaltungsrats der Global Green Xchange. Er steuert den Bereich ESG Ratings & ESG Data. Als Co-CEO eines Family Office analysiert und berichtet er regelmässig zu diversen Themen rund um Kapitalanlagen, Marktstrategie und Nachhaltigkeit.